Beim Bräutigam
Zwei Stockwerke tiefer werde ich von vier scheinbar völlig entspannten Herren erwartet. Der Bräutigam unterhält sich lässig an der Balkonbrüstung lehnend angeregt mit seinem Bruder. Der Trauzeuge ordnet die Utensilien des Hochzeit-Outfits auf dem Bett, als mir der Bräutigam-Vater die Türe zur Suite öffnet.
Absolutes Kontrast-Programm zum wuseligen „Damenprogramm“ vorhin. Aber der Schein trügt… Als ich mit mit Bräutigam ins Gespräch komme, merke ich schon sehr seine aufgeregte Vorfreude. Klar will er von mir wissen, wie seine Braut aussieht und versucht mir augenzwinkernd jedes Geheimnis abzujagen. Ich schweige natürlich diskret, und beginne lieber mit der Arbeit…
Einige Minuten später trägt der Bräutigam stolz seinen Cutaway Coat, ergänzt mit einem seidenen Plastron. Eine stattliche Erscheinung, ganz hochzeitlich und festlich. Den Anzug hat er im Brautmodenfachgeschäft gewählt, wo bereits seine Braut mit ihrem Kleid fündig wurde, erzählt er. Dort haben die Beraterinnen anhand Stoffproben des Kleides und erfahrener Stilsicherheit äußerst Edles gefunden für ihn – mit man sieht. Ein Anzug, der von Stoff und Farbgebung perfekt zur Brautrobe passt, und die beiden auch äußerlich zum gelungenen Traumpaar macht.
Ich freue mich sehr, dass mit dem Zeitplan der Hochzeitsplanerin alles gut geklappt hat, und ich auch das „werden zum Bräutigam“ fotografisch einfangen konnte. Selbst die Zwiesprache zwischen Bräutigam und seinem Vater habe ich „im Kasten“. Ein sehr emotionaler Moment, der auch mir als eigentlich Außenstehendem unter die Haut ging.
Mir scheint der Bräutigam wird nun doch etwas nervös, als wir alle gemeinsam aufbrechen, um die Damen zu treffen. Und vor allem um folgendes zu erleben:
Das erste Aufeinandertreffen von Braut & Bräutigam im hochzeitlichen Gewand, der sogenannte „first look“. Denn genau wie die Garderobe der Braut für den Bräutigam noch ein spannendes Geheimnis ist, gilt dies ebenso andersherum.
Wir treten vor die Türe, den Gang hinaus und bewegen uns über das Treppenhaus Richtung Empfangshalle. Die Eventplanerin gibt von oben das Zeichen, dass wir noch zwei Minuten haben… Perfekt. Ich suche mir einen passenden Platz, von dem ich die Treppe gut im Blick und Fokus habe. Und dann ist es soweit. Ich entdecke oben am Absatz die entzückende Braut. Letzte Umarmungen durch Ihre Trauzeugin und mit auf den Weg gegebene gute Wünsche der Brautmutter lassen sie die Treppen zur Halle einfach nur hinunter schweben. Und dort entdeckt sie ihn… Ganz Gentleman. Ganz Bräutigam. Ihre Blicke treffen sich und halten einander fest. Die letzten Schritte aufeinander zu vergehen wie in Zeitlupe, eingefangen durch meine Kamera. Ich spüre in der Sekunde ganz deutlich, dass dieser einer der kostbarsten Momente des ganzen Hochzeitstages für das Paar sein wird.
Von oben ertönt Applaus, die Trauzeugin ist ganz außer sich. Gemeinsam mit Bräutigamvater und dem Trauzeugen falle ich kurz in den Jubel mit ein. Um direkt im Anschluss wieder fokussiert die Szenerie mit der Kamera zu begleiten. Brautmutter und Trauzeugin kommen nun gemeinsam auf uns zu, lassen die Treppe hinter sich. Somit ist der „engste Kreis“ der Gesellschaft komplett.
Die beiden Hauptpersonen können gar nicht aufhören sich an den Händen haltend gegenseitig staunend anzuschauen. Ich muss gestehen – sie wirken nicht nur glücklich, sondern stellen meiner Meinung nach ein auf den Punkt zueinander passendes, authentisches Brautpaar dar.
Die Hochzeitsplanerin gibt mir das Zeichen: der elegant mit Blumen geschmückte Brautwagen wird nun jeden Moment am schicken Hoteleingang vorfahren. Über die Drehtüre verlasse ich sodann als Nächster das Haus, positioniere mich vor dem Entrée am Kreisel, der die lange Auffahrt zum Resort beschließt. Nun treten nacheinander das Brautpaar und die kleine Gesellschaft ins Freie, immer „eingefangen“ durch meine Kamera. Der Chauffeur öffnet formvollendet die Türe zum Fond – die wunderschöne Braut steigt mit Hilfe ihrer Mutter und der Trauzeugin überraschend elegant in den Wagen.
Unglaublich viel Platz ist im Innern des Fahrzeugs. So haben Kleid, Schleier, und sogar der Brautstrauß genügend freie Zone um nicht zu knittern oder irgendwie gequetscht zu werden. Und: ich habe richtig gesehen – es gibt eine Vorrichtung mit Sektkühler und Gläsern. Wow. So geht Hochzeit!
Ich fange die verliebten Blicke der Beiden im Wagen ein, freue mich erneut, dass Sylt sich heute wettertechnisch mal wieder von der besten Seite zeigt. So ergeben sich mit größter Wahrscheinlichkeit tolle Aufnahmen im Wechselspiel von Licht und Schatten.
Die nächsten beiden Wagen für die Familienmitglieder fahren vor. Auch mein Fahrzeug wird gebracht – perfekt, so kann ich vorne im Kreisel als erster das Gelände verlassen, und mich vor den Korso platzieren. Alles klappt wie am Schnürchen. Ich setze mich ein wenig von den anderen ab, stoppe am verabredeten Punkt mit wunderschönem Panorama-Blick das Fahrzeug. Wie erhofft habe ich einige wenige Augenblicke, um Licht und Kamera zu checken, alles zu justieren. Und dann gehts los. Wie ich später sehen werde gelingen mir in diesem Moment wundervolle Bilder. Mit Motiven des geschmückten Hochzeitsautos und der Familie im Anschluss, auf der Fahrt zur standesamtlichen Trauung. Aber nicht nur das – im Hintergrund des Wattenmeer, die Dünen, eine lichtfunkelnde Bucht.
Und das magische Gefühl von Glück…
Es bestätigt sich mir wieder einmal, dass ich die Fahrt vom Inselnorden aus über Braderup und Munkmarsch nach Keitum einfach nur liebe… Sie gehört meiner Meinung nach mit zu den abwechslungsreichsten Strecken der Insel. Alles ist mit dabei. Weite Dünenwelt, Wattenmeer, Wiesen mit Vieh, kleine Wäldchen und wunderschönste Heidelandschaft. Einzigartig, echt und pures Sylt!
In großer Vorfreude lasse ich während der Fahrt zur standesamtlichen Trauung meines heutigen Brautpaars die Stationen des nachmittäglichen Fotoshootings mit Familie und Gästen durch den Kopf gehen. Ich hatte grundsätzlich alles bereits mit den beiden Liebenden und ihrer Hochzeitsplanerin abgestimmt. Jedoch kann ich aufgrund des heutigen Traumwetters spontan noch einige Optimierungsgedanken mit einbringen, worüber ich äußerst glücklich bin. Werde ich gleich mit der Eventplanerin in einer hoffentlich ruhigen Minute besprechen…
Eigentlich ist es für mich Gesetz, meinen Wagen bei privaten Keitum-Besuchen am großen Parkplatz des Ortseingangs abzustellen. Keitum ist zu Fuß am schönsten, und es gibt kaum sinnlicheres, bei dem ich „mein“ Sylt GANZ spüre. Heute jedoch ist alles anders – ich bin im Fotoeinsatz! Da muss es zwischendurch auch mal flott gehen, zudem habe ich so einiges an Kameraequipment mit dabei. Da braucht es das Fahrzeug am Mann…
Also parke ich in der Nähe des Sylt-Museums, welches malerisch direkt am grünen Kliff liegt. Im dortigen Seefahrtsraum wird gleich die Trauung stattfinden.
Ich entdecke das Brautauto, welches wenige Meter neben mir auf einen freien Parkplatz rollt. Bringe mich in Position und erwische gerade eben pünktlich, wie der Chauffeur den beiden Brautleuten beim Aussteigen zur Hilfe eilt. Die Hochzeitsplanerin richtet gemeinsam mit der Trauzeugin Kleid und Schleier. Die Brautmutter drückt der strahlenden Braut noch einen Kuss auf die Stirne. Ich verabschiede mich nach einigen Fotomomenten kurz, um vom Gebäude aus gleich das Eintreffen des Paares fotografisch einzufangen. Geplant ist, dass die gesamte Festgesellschaft im Raum bereits Platz genommen hat, bevor das Brautpaar den kleinen Gang zur Standesbeamtin nehmen wird. Begleitet von Klavierstücken, die eine Pianistin im Nebenraum intoniert.
Weitere Hochzeitsgäste warten bereits gespannt auf der Wiese vor dem Sylt-Museum, als ich gemeinsam mit der engsten Familie des Paares dort eintreffe. Die meisten Menschen kennen sich untereinander wie mir scheint. Alle sind untereinander gut in Gespräche vertieft, hier und da höre ich freudiges Lachen. Die Stimmung scheint wunderbar und voller gespannter Vorfreude. Die Planerin des Hochzeitstages bittet kurz um Aufmerksamkeit, begrüßt die Gäste, und stellt mich als Hochzeitsfotografen vor. Gemeinsam mit ihr betreten die Gäste im Anschluss nun das wunderschöne, historische Gebäude am Watt. So kann ich mich voll auf „mein“ Brautpaar konzentrieren, welches am Eingang des Grundstücks auf seine Trauung hin fiebert. Ich winke den beiden und gebe damit das Startzeichen. Hand in Hand kommen die Hochzeiter strahlend auf mich zu…
Am Eingang des Keitumer Sylt-Museums angekommen entdeckt der Bräutigam das in der Türe hängende Schild „Trauung – bitte nicht stören!“ Er zwinkert seiner Braut zu. „Alles nur für uns…!“
Eine letzte Umarmung der beiden vor dem Eintreten in den Vorraum habe ich im Kasten, bevor ich als Nächster das historische Gebäude betrete, und die beiden bitte, noch zwei Minuten zu warten bevor sie nachkommen. Flotten Schrittes erreiche ich über die umlaufenden Nebenräume von hinten herbei den Seefahrtsraum in dem gleich die standesamtliche Trauzeremonie stattfindet. Dort angekommen und fototechnisch startklar gibt die Hochzeitsplanerin der Pianistin das verabredete Zeichen…
„River flows in you“ ertönt in wundervollen Klavierklängen und das Brautpaar schwebt in den Raum, in dem die Gäste sich soeben von ihren Stühlen erhoben hatten. Ein Raunen geht durch den kleinen Saal und selbst mir als „außenstehenden Dienstleister“ jagen diese Geschehnisse einen kleinen Glücks-Gänsehaut-Schauer über den Rücken.
Ich lasse kurz meinen Blick schweifen, während die letzten Töne aus dem Piano erklingen.
Der Ausstellungsraum des Sylt-Museums beinhaltet maritime Objekte die Sylter Seefahrer im 18. Jahrhundert aus aller Welt von ihren Reisen mit nach Hause gebracht haben. Eine unglaubliche Szenerie für eine standesamtliche Trauung. Denn hier wird Sylter Geschichte lebendig, und das Brautpaar mit der Festgesellschaft ist mittendrin!
Die Standesbeamtin ergreift das Wort, die Brautleute lauschen andächtig und halten sich dabei auf den Traustühlen sitzend verträumt an den Händen. Ich finde es immer wieder beeindruckend, dass hier auf Sylt seitens der Standesbeamten aus dem eigentlich eher „bürokratischen Akt“ einer Trauung solch emotionale Momente gezaubert werden. Weit ab vom lediglich „Feststellen der Personalien, Namensführung in der Ehe, und Unterschreiben der Hochzeitsurkunde“, wie man es sonst oft aus Großstädten kennt… Gerade erzählt die Standesbeamtin von der gemeinsamen Reise der Brautleute durchs Leben, die heute mit dem Tag der Eheschließung auf eine neue Ebene gehoben wird.
2-3 wirklich persönliche Dinge kommen zur Sprache, die sie wohl im Vorgespräch mit den beiden herausgehört hat. Toll! Es folgt die Trauformel, der Ringwechsel und Hochzeitskuss, bei dem ich gefordert bin alles fotografisch zu dokumentieren. Zum Glück lässt sich mein heutiges Brautpaar mit alle dem Zeit – dies werden dann für mich im Ergebnis wundervolle, entspannte Aufnahmen!
Mann und Frau unterschreiben ihre Eheurkunde, werden seitens der Standesbeamtin beglückwünscht, während die Pianistin mit dem Coldplay-Song „Fix you“ alle begeistert.
Die Trauzeremonie wird durch die Standesbeamtin geschlossen, und die Festgesellschaft wird nach draußen geleitet. Dort wurde zwischenzeitlich direkt am grünen Kliff zum Watt durch einen Catering-Service ein kleiner Sektumtrunk mit Canapés und Petit Fours aufgebaut.
Ich widme mich derweil im Seefahrtsraum der Aufnahme weiterer Bilder mit Standesbeamtin und Brautpaar, bevor die Frischgetrauten anschließend im Sonnenschein und Seifenblasen-Regen zu ihren Gästen nach draußen treten. Die Sektgläser klingen, die Freude ist groß. Während die Gäste ihr Brautpaar beglückwünschen fange ich dezent aus dem Hintergrund heraus diese Momente fotografisch ein. Ein wenig soll die Gesellschaft noch ausgelassen miteinander anstoßen und sich am hochzeitlichen Buffet stärken. Später dann ergreife ich das Wort, bitte zunächst einzelne Gruppierungen wie die engste Familie des Brautpaars, dann die Trauzeugen, und schließlich die ganze Festgesellschaft zum Gruppenbild des kleinen Hochzeitsshootings ans Watt.
Einige Zeit später ertönt vom Grundstückseingang des Sylt-Museums her die Hupe des blauen Borgward-Oldtimerbusses „Wanderfalke“. Die Hochzeitsgäste erkennen freudig überrascht, dass dies als Signal zum Einstieg zu verstehen ist, und das Hupen wohl ihnen gilt. Die Hochzeitsplanerin ergreift kurz das Wort, geleitet die knapp 30-köpfige Gesellschaft zum festlich geschmückten Bus. Dort werden alle durch einen großartig gelaunten Busfahrer begrüßt, der die Gruppe nach einer erfrischenden Begrüßung auf eine ganz besondere Sylt-Tour mitnimmt.
Die wenigsten der Gäste kennen Sylt von vorherigen Besuchen her, noch wohnt jemand aus der Gesellschaft auf dem nordfriesischen Eiland. So eignet sich auch meiner Meinung nach dieser Part des Rahmenprogramms zur Hochzeit perfekt, um einen ersten Eindruck der Insel zu bieten. Neben dem stelle ich immer wieder fest, dass die Runde flott auftaut, selbst wenn sich einige der Gäste noch nicht untereinander kennen. Es herrscht einfach sofort eine Art Klassenfahrt-Feeling, man erlebt Außergewöhnliches gemeinsam. Im Bus ist auf den Fahrgast-Plätzen jeweils ein kleines Lunch-Paket mit Sylter Brause und Brezeln in Inselform vorbereitet. Top! Auch wenn alle gerade einige Canapés am Watt genossen haben, kann es nicht schaden ein wenig Verpflegung an Bord zu haben.
Los geht’s! Ausgestattet mit meinem Foto-Equipment verlasse ich inmitten dieser fröhlichen Runde den Ort der standesamtlichen Trauung. Der Oldtimerbus passiert die Orte Munkmarsch und Braderup. Kurz vor Kampen halten wir an einem Parkplatz an der Braderuper Heide. Wir verlassen das „rüstige Vehikel“ um ein kleines Fotoshooting inmitten der blühenden Heide zu starten. Die Laune des Brautpaars und der Gesellschaft ist blendend. Der Busfahrer gesellt sich zu uns um die weitere Route kurz vorzustellen, denn der nächste Ausstieg wird bereits in Kampen sein, und um einiges länger ausfallen als dieser kurze Heide-Stop.
Später verlassen wir die durchgehende Hauptstraße in Kampen, um Richtung Weststrand abzubiegen. Uns bietet sich durch die Panoramafenster des Oldi-Busses ein grandioses Bild:
linke Hand wütet nahezu eine tosenden Brandung – vor uns liegt die weite Heidelandschaft mit Blick zum idyllisch gelegenen Quermarkenfeuer. Und weiter hinten erkennen wir in der Ferne schon die nördlichste Ortschaft List, die geprägt ist von imposanter Dünenwelt und maritimem Hafenflair.
Mein Sylt…! Auch wenn ich schon so lange hier lebe und arbeite, bin ich immer wieder ergriffen von dieser unglaublich vielfältigen Landschaft, dem Zauber des Meeres und der grandiosen Weite.
Der Bus erreicht den Parkplatz in der Nähe des Kampener Quermarkenfeuers, und wir setzen unsere kleine Kampen-Auszeit per Pedes fort. Ich habe schon die nächste Shooting-Station im Kopf – die Dünen-Treppe direkt am kleinen Leuchtturm. Dort angekommen nach einem kurzweiligen Fußweg instruiere ich die Gesellschaft. Denn hier genau ist der Platz für ein absolut syltiges Gruppenbild-Shooting „mit wechselnder Besetzung“.
Die Treppe und das Quermarkenfeuer bilden die Bühne, alle Personen bespielen teils gesamt oder in verschiedenen Gruppierungen die Szenerie. Genau wie abgesprochen trifft nun ein Musiker zur Gesellschaft – ein Saxophonist, den ich bereits von anderen Hochzeiten und Veranstaltungen kenne. Die Stimmung ist locker, die wunderbare musikalische Begleitung des Saxophonisten trägt nochmalig dazu bei, und alle Gäste genießen eine traumhafte Zeit. Die Fotoaufnahmen gehen mir leicht von der Hand. Ich spüre, alle haben Spaß, sind ausgelassen und freuen sich auf die weitere Tour!
Um einiges später und mit vielen per Kamera festgehaltenen Glücksmomenten setzen wir die fröhliche Fahrt im blauen Borgward Oldtimerbus gen Norden fort.
Auch wenn die Familie der Brautleute fast geschlossen im nördlichen Teil der Insel logiert, waren doch einige der anderen Gäste noch nie am Lister Ellenbogen.
Gerade für mich als Sylter Fotograf bedeutet dieser Landstrich eine der reizvollsten Insel-Locations für Fotoaufnahmen. Ich bin sehr gespannt wie das Gefühl der Freiheit und Weite auch auf die vielen Personen aus der Festgesellschaft überspringt, die zum ersten Mal auf der Insel zu Gast sind.
Die Lister Dünenwelt, das Gebiet rund um Königshafen und Lister Ellenbogen sind für mich im Grunde eine große Natur-Bühne. Wie hingeküsst, ursprünglich und echt.
Egal wie oft ich diese Umgebung schon privat oder im beruflichen Foto-Einsatz genießen durfte, entdecke ich jedes Mal aufs Neue Besonderheiten und erfreue mich an dieser atemberaubenden Natur. Wir passieren nach einer malerischen Fahrt rund um den Königshafen die Mautstelle zum Ellenbogengebiet. Einige Schafe mit Lämmern kreuzen die Straße auf unserem Weg durch die zauberhafte Dünen- und Heidelandschaft der Sylter Landzunge. Der Oldibus fährt nahezu Schritttempo, um die Tiere nicht zu stören oder gar in Gefahr zu bringen.
Nach ein paar Minuten über die schmale Straße erreichen wir einen kleinen Dünen-Parkplatz, von dem aus wir uns zu Fuß Richtung Nord zum wirklich Nördlichsten Punkt Deutschlands bewegen wollen.
Das weiß-rote Leuchtfeuer List-West im Blickfeld gehts Richtung Strand. Alle genießen den gemeinsamen Ausflug in die Natur, das wunderschöne Wetter trägt zum wohligen Gesamtgefühl bei. An der Dünenkante angekommen, den Strand und die nahe Küste Dänemarks vor direktem Auge, entdecken wir die Holztafel, die ganz genau den Nördlichsten Punkt der Republik markiert.
„Deutschland und der Alltag ist nun für mich gaaaaanz weeeeeeit weg“ sagt einer der Gäste schmunzelnd zu mir – und ich kann diese Aussage mehr als gut nachvollziehen…
Wir alle genießen die Ruhe, bis auf leichtes Wellenrauschen und Heidevögel herrscht absolute Stille. Ein paar der Gäste haben sich kurzerhand ganz unkompliziert am Strand in den Sand gesetzt, um sich einige Minuten auszuruhen, die Augen zu schließen und den Moment zu fühlen.
Nach einer Pause erinnere ich die Brautleute an das nun folgende Paarshooting in der Heide und am Leuchtturm. Die Hochzeitsplanerin trommelt darauf hin die Gäste zusammen, die nun wieder in den Bus steigen, um zum äußersten, östlichen Zipfel des Ellenbogens zu fahren. Genau dort, wo Wattenmeer und offene See aufeinandertreffen, und die Wellen förmlich Beifall klatschen.
Dort wird sie mit den Gästen das weitläufige Areal in einem Spaziergang umrunden, um uns dann später wieder im Bus zur Rückfahrt abzuholen.
Gemeinsam mit dem Brautpaar gehe ich den kleinen Weg zum Leuchtturm hoch. Unterwegs halten wir immer wieder inne, um die ein oder andere Aufnahme zu starten.
Die Szenerie ist gigantisch, die Frischgetrauten sind locker und gelöst. Sind doch ihre Gäste gut versorgt und unterhalten, während sie sich nun völlig und in großer Freude ihrem Hochzeits-Fotoshooting widmen.
Die Beiden haben eine unglaubliche Ausstrahlung und leuchten förmlich vor Glück.
Eine seltene aber für mich als Hochzeitsfotograf sehr angenehme Situation, denn ich muss kaum ergänzende Ideen während des Shootings liefern. Dieses Brautpaar bewegt sich absolut natürlich, kann kaum die Hände voneinander lassen, ist fröhlich und unverkrampft. Im eigentlichen fange ich ihren Spaziergang vielmehr als stiller Begleiter fotografisch ein, ohne dabei viel „Anweisungen“ zu geben.
Das Brautpaar wandelt durch die Lister Dünenwelt, die Braut lehnt sich entspannt an einen hölzernen Handlauf, ohne dass es gleich nach „Posing“ aussieht. Einige Fotoaufnahmen weiter erreichen wir den Strand und freuen uns über die heute wunderbar heran rollenden Wellen. Ein sanfter Wind durchkämmt zart die spätnachmittägliche Szenerie, das Licht wird von Minute zu Minute pastelliger. Perfekte Lichtverhältnisse für das Fotoshooting am Nordseeflaum!
Ein gute halbe Stunde später treten wir den Rückweg an um zur Gesellschaft zu treffen.
Nach großem gegenseitigen „Hallo – wie war’s“ fahren wir mit dem blauen Borgward – Oldtimerbus über die Dünenstrecke weiter nach Kampen. Bevor es zum Empfang in die abendliche Festlocation geht, wollte das Brautpaar dort noch einen ganz besonderen Aussichtspunkt besuchen und mit seinen Hochzeitsgästen die dortige Nah- und Fernsicht genießen:
die Kampener Uwe-Düne! Nach dem Erklimmen von genau 110 Holzstufen sind wir einfach nur überwältigt, denn mit 52,5 m ü. NHN wird dieser Ort als höchste Stelle Sylts im Umkreis von 40 km durch keine andere Erhebung natürlichen Ursprungs überragt. Eine gigantische Rundumsicht ist der Lohn für die kleine Mühe des Aufstiegs. Zudem bietet sich die Plattform und die vorgelagerte Treppe für mich als Fotografen wieder einmal als perfekte Kulisse für wunderbare Gruppenbilder.
Später verabschiedet sich die Festgesellschaft vom Busfahrer der es sich nicht hat nehmen lassen die Hochzeiter auf die Düne zu begleiten. Den Rest des kurzen Weges zum Hochzeits-Restaurant werden wir nun gemeinsam zu Fuß zurücklegen. Durch einen verwunschenen Heidepfad gelangen wir immer mehr Richtung Westküste und befinden uns bald oberhalb des Roten Kliffs.
Wir bewundern die tosende Brandung und die Lichtreflektionen in den Wellen. Einige Zeit bevor wir die Location erreichen setze ich mich ab, als die Gruppe an einer kleinen Plattform erneut die Aussicht genießt. Unbedingt möchte ich gleich das Ankommen der Festgesellschaft in der abendlichen Fest-Lokalität fotografisch festhalten, und vorab schon ein paar Eindrücke des festlich geschmückten Gastraumes dort einfangen.
Mit der Tischdekoration hat sich das Floristenteam wieder einmal selbst übertroffen. Es hängen sogar schwebende Floral-Elemente von der Decke herab. Unglaublich edel und hochzeitlich. Durch die großen Fenster erkenne ich, dass auf der Terrasse bereits der Empfang fertig vorbereitet ist. Blumengeschmückte Strandkörbe, mit Champagnerflaschen bestückte Eiskühler und Schieferplatten mit großartigem Fingerfood wartet auf die gerade eintreffende Festgesellschaft. Der Abend darf beginnen…
Service-Mitarbeiter stehen mit Champagner und Hochzeits-Bellini bereit, um die Gesellschaft in Empfang zu nehmen. Die Sonne scheint, die weiße Lounge wirkt einladend und das Brautpaar hält eine gekonnte Begrüßungs-Ansprache. Nun ist das Hochzeitsfest für den Abend offiziell eröffnet und der Saxophonist begleitet musikalisch den Empfang. Das ist mein Startzeichen, um nun einige Bilder einzufangen: Umarmungen, klingende Gläser, Übergabe von Hochzeitsgeschenken, strahlende Kinderaugen als die Kleinen das Spielzimmer entdecken und der Clown auftritt, ….
Wir haben noch gut eine Stunde Zeit bis zum Platzieren der Gesellschaft an den Festtafeln, Getränkeservice und Menüstart. Daher wende ich mich nun den Fotoaufnahmen von ausladender Raumdekoration, den filigranen Tisch-Blumenarrangements und den hübschen Gastgeschenken zu.
Nachdem ich alles im Kasten habe schaue ich mich draußen weiter um, und entdecke die perfekte Fotolocation fürs spätere Gast-Einzelshooting: die Hochzeitsplanerin hat durch das Floristenteam eine sogenannte „Flower-Wall“ aufstellen lassen. Top! Ein Meer aus 1001 frischen Blumenblüten, die in Farbe und Form perfekt zur weiteren Hochzeitsfloristik passen. Ein Willkommensschild des Brautpaares an seine Gäste ist mittig eingehangen. Sieht einfach genial aus – ein wunderschöner Hingucker, der auch auf der Terrasse hochzeitlichen Zauber versprüht. Zudem eignet sich die Installation perfekt als Hintergrund für Fotoaufnahmen, die ich für das Gästebuch anfertigen möchte. Meine sprichwörtliche „Fotowand“. Wow!
Da ich dort sicher einiges an Zeit verbringen werde um alle Gäste in Ruhe zu zweit als Paar, als Familie oder auch einzeln abzulichten, lasse ich mir vom Serviceteam drei Hochtische positionieren. So habe ich genügend Ablagefläche für mein Equipment, Fotodrucker und auch die Gäste können bequem stehen, um ein paar Zeilen zum jeweiligen Foto ins Gästebuch zu schreiben.
Ich schlendere weiter über das Gelände, und freue mich über den weitläufigen Blick über Heide und Meer. In einem nahen Baum sind weiße Fähnchen und Lampions eingegangen, und wehen im sanften Wind vor sich hin. Wie schön! Auch dieser Platz eignet sich perfekt für spätere Portraitaufnahmen. Gut geplant, perfekt umgesetzt durch die Eventmanagerin. So langsam wird es Zeit für mich, wie verabredet die Küchencrew aufzusuchen. Ich möchte gern, sobald fertig, die angerichteten Teller der Vorspeise und das konzentrierte Gewusel in der Küche fotografisch einfangen. Genau wie verabredet stehen die ersten Teller am Pass. Ich halte drauf. Bleibe dabei im Hintergrund und lass die Mannschaft weiter werkeln…
Jetzt hab ich mir selbst auch ein Päuschen verdient – niemand wird erfahrungsgemäß gern kauend beim Essen fotografiert… Wie mir bereits bekannt war hat das Brautpaar uns Dienstleister auch zum Menü eingeladen, und ich teile mir den Tisch mit dem Saxophonisten, dem DJ, der später die Party steigen lässt, und der Haar- und Makeup-Stylistin, die auf Abruf für die Braut und Brautmutter gebucht ist für den Abend. Die Kinderbetreuerinnen sitzen bei den fünf Kids am wunderbar geschmückten Kindertisch.
Meine Arbeit geht erst weiter, als sich der Brautvater nach dem Ausheben der soeben genossenen Vorspeise erhebt, und sich mit einer wunderbaren Rede ans Brautpaar und die Gäste wendet. Es folgen nach Hauptspeise und Zwischengang noch weitere Reden, bei dem sich Trauzeugin und bester Freund zu Wort melden. Mit großer Freude fange ich die emotionalen Reaktionen des Brautpaares ein. Ein gelungener Hochzeitsabend, stelle ich zufrieden fest.
Ich löffle gerade noch an meiner Dessert-Triologie, als die Hochzeitsplanerin zu mir tritt.
In einer halben Stunde werden DJ und Saxophonist die Federführung übernehmen, die abendliche Party einläuten. Sie informiert mich über den Ablauf des Brauttanzes und augenblicklich bin ich voller Vorfreude. Ich helfe dabei Wunderkerzen und besondere 3D-Brillen an die Gäste zu verteilen. Die Brillen werden später beim Tragen dieser die Funken der sprühenden Wunderkerzen optisch in tanzende Herzchen verwandeln, wenn die Gäste einen Kreis rund um das tanzende Brautpaar bilden. Schöne Sache, das gibt dann wieder besondere Fotomotive für mich, wenn ich die freudig-überraschten Gesichter der Gäste einfange.
Wenig später stellt sich der DJ vor und übernimmt das Ruder. Nun, ich habe schon einige Brauttänze in meinem Fotografen-Dasein erlebt – dieser Tanz der beiden haut mich um… Man spürt das Knistern, erkennt die perfekte Harmonie zwischen den beiden Eheleuten. Sie brillieren natürlich auch mit der wunderschönen Choreographie von drei miteinander verbunden Songs – ja! – Aber: das was es aus macht, sind die beiden und die Magie zwischen ihnen. Und ich stelle wieder fest: ich habe meinen Wunschberuf gewählt. Es könnte gar nicht schöner sein.