M & M – etwas Süßes???
Nein, ganz bestimmt nicht in unserem Fall, eher eine Liebesgeschichte wie viele andere, oder vielleicht auch außergewöhnlich?
Beginnen wir einmal mit unserer Vorstellung und unserem Kennenlernen.
Ich bin Martina und schreibe diese Geschichte auf. Heute knapp 60 Jahre alt und beruflich habe ich es mit mehr als 50 jungen Menschen zu tun, die ich während der Ausbildungszeit coache. Ein paar andere Dinge gehören noch dazu, kurzum, ich bin für die Ausbildung dual Studierender in der Firma tätig.
Markus (56 J.), mein Mann, ist daran beteiligt, dass viele Trailer in ganz Europa über die Straßen rollen. Namen nennen wir hier mal lieber nicht wegen Schleichwerbung.
Kennenlernen? Wie funktioniert das, wenn man schon um die 50 Jahre alt war. Disco, Clubs etc. schon länger her sind, einen Beruf hat, der einen ausfüllt und ich dazu noch einen Labrador als Familienmitglied hatte und eigentlich nach dem Tod meines Mannes keine Beziehung mehr wollte, weil diese so anstrengend war. Markus hatte sich getrennt und wollte erstmal für sich leben, weil auch seine Beziehung alles andere als gut war. Kraft für sich selbst zu nutzen und diese nicht in zwischenmenschlichen Beziehungen stecken, die nicht funktionieren.
Aber, irgendwie war dieses Verlangen da, es noch einmal ganz vorsichtig zu probieren. Es muss doch einen Menschen geben, der zu einem passt. Wichtig war uns beiden, dass wir jederzeit am Anfang aus solchen Geschichten aussteigen können.
O.K. es gibt doch so Plattformen im Internet, die Paare zusammenbringt. Also wir beide im Juli 2015 an die Rechner, unsere Profile eingegeben und wir wurden uns gegenseitig vorgeschlagen. Wau, da ist nun ein Mensch, der laut Berechnungen eines Programms zu einem passt. Ist ein wenig merkwürdig und es fühlt sich komisch an, einem wildfremden Menschen zu schreiben. Nur Mut, wir sind ja noch in einem geschützten Raum und wissen nur den Vornamen des anderen. Der Austausch im Portal war angenehm und nach einigen Nachrichten haben wir uns getroffen und wir wollten uns wiedersehen. Das war Anfang August 2015.
Nach den Erfahrungen aus unseren vorausgegangenen Beziehungen haben wir uns herangetastet. Markus war meinem Hund offen gegenüber, sonst hätte es keine 2
Chance für ihn gegeben. Umgekehrt, ich musste seine beiden Söhne respektieren. Da waren aber keine Steine im Weg, es funktionierte gut. Bei jedem Treffen gab es mehr Schmetterlinge im Bauch, das Herz raste und eine ganze Menge Nervosität war da. Also ist Liebe im Alter nichts anderes als bei Teenagern: die Hormone spielen verrückt. Es fühlte sich gut an und im Dezember 2015 wurden wir ein Paar.
Seit Jahren war ich Syltfan und infizierte Anfang 2016 Markus auch mit diesem Virus. Wir fuhren zusammen zum Biikebrennen nach Sylt. Die unterschiedlichen Landschaften, der lange weiße Strand, „Klein-Afrika“, die Wanderdünen und besonders das Rauschen der Wellen haben wir gemeinsam genossen. Die Welt war für uns in Ordnung und wir wollten unsere Zukunft genießen, weil sich alles so richtig anfühlte.
BÄMM!
Da war sie, die erste Herausforderung in unserer frischen Beziehung. Bei Markus wurde im Herbst 2016 ein Herzfehler entdeckt und eine neue Herzklappe eingesetzt. Da war sie wieder, diese Angst um den Menschen, den man liebt (ich hatte meinen Mann an Krebs verloren). Viele Gedanken wirbelten durch meinen Kopf und besonders „haben wir eine gemeinsame Zukunft?“. Wäre schön, wenn man in solchen Momenten das Kopfkino ausschalten könnte. Markus wohnte vorübergehend bei mir, um sich richtig nach der Operation zu erholen. Das war der Zeitpunkt, wo wir den Entschluss gefasst haben, zusammen zu ziehen. Es war so schön, gemeinsam einzuschlafen und aufzustehen. Mit Max, unserem Labrador, spazieren gehen und danach gemeinsam kochen. Es war alles perfekt und es sollte so weitergehen.
Aber, es kam anders als gedacht.
Bei einer Krebsvorsorgeuntersuchung im November 2017 wurde ein Knoten in der Brust ertastet. Es folgte die Diagnose Brustkrebs mit einem sehr aggressiven Tumor.
Schon wieder kamen Fragen:
- Ist unser gemeinsames Leben doch schneller vorbei als gedacht?
- Werden sich unsere Träume in Luft auflösen?
- Werde ich bald sterben?
Die ganzen Untersuchungen liefen wie in einem Zeitraffer an mir vorbei. Schon Anfang Dezember ging es mit der Chemotherapie los. Alle drei Wochen musste ich hin. Nebenwirkungen waren auch da, aber die Liebe zu Markus hat mich stark gemacht und mir sehr geholfen.
Genau in dieser Phase ging es meinem/unserem Hund immer schlechter, mein Wunsch war es, dass er mich bei den Therapien begleitet und aufbaut, wenn es mir schlecht geht. Er sollte ein Ankerpunkt neben Markus sein, mein Seelenhund. Im Januar 2018 waren wir in der Tierklinik, um seine Lähmungserscheinungen in den Hinterläufen abzuklären. Eine genaue Diagnose gab es nicht: es könnte ein Tumor sein, oder ein Bandscheibenvorfall. Gewissheit wäre nur mit einem CT möglich und ggf. eine Operation mit einem halben Jahr Schonung. Max, ein Labrador, war zu diesem Zeitpunkt 11 ½ Jahre und hatte zudem starke Arthrose in den Vorderläufen. Wir probierten es mit einer Kortison Spritze, die auch erst half. Für mich war immer klar, wenn er eines Tages nicht mehr sein Hundeleben führen kann, lasse ich ihn gehen. Anfang Februar waren die Lähmungserscheinungen wieder da, und dann kam der Tag, wo er nicht mehr aufstehen wollte, sein geliebtes Leberwurstbrot nicht mehr wollte und er mich mit seinen tiefschwarzen Augen traurig ansah. Ich wusste, was dieser Blick bedeutete. Da brauchte es keine Worte, weil wir uns immer sehr nah waren. Markus und ich entschieden uns gemeinsam mit der Tierärztin ihn gehen zu lassen, eine Entscheidung, die unsagbar weh tat und viele, viele Tränen gekostet hat. Markus und ich begleiteten ihn bis zum letzten Atemzug. Diese Geschichte hatte mir sehr viel Kraft während meiner Chemotherapie gekostet. 11 ½ Jahre war er an meiner Seite, war mein Seelentröster nach dem Tod meines Mannes und hat mich oft zum Lachen gebracht, wenn es mir schlecht ging. Wir verstanden uns gegenseitig und brauchten dafür keine Sprache.
Erst kam ein kleiner Infekt mit 5 Tagen Krankenhaus und dann ein weiterer heftiger Infekt. Isolation im Krankenhaus (genaue Diagnose gab es in den ersten Tagen nicht), Infusionen, die zwar gegen den Virus halfen, aber meine Kräfte immer mehr herunterschraubten. Zudem hatte ich absolut keinen Appetit. Das Schlimmste war aber, wir hatten einen Sylturlaub gebucht und die Prognose zu fahren, war sehr schlecht. Viele, Familie und Freunde, haben damals gedacht, dass ich das nicht überlebe. Markus hat um meine Entlassung aus dem Krankenhaus gekämpft. Der Onkologe gab dann doch grünes Licht, aber ich musste versprechen, dass ich mich jeden Tag kurz bei ihm melde.
Freude pur, wir fahren nach Sylt, ich darf das Krankenhaus verlassen. Die Anreise war anstrengend, aber jeder Kilometer, der mich näher nach Sylt brachte, war unbeschreiblich. Auf dem Syltshuttle legte sich bereits der Schalter komplett um und ich fühlte mich gut. Nach der Ankunft auf Sylt musste ich unbedingt zum Strand. Ein kleiner Rundgang in Wenningstedt bei Gosch tat verdammt gut, das Rauschen der Wellen und Markus an meiner Seite. Den Blick auf das Meer, auf der Bank bei Gosch und ein Bier, gaben mir schon viel Kraft wieder. Diese wuchs jeden Tag weiter, so dass wir sogar die Spaziergänge um die Odde und am Ellenbogen wieder richtig gut meistern und genießen konnten. Markus gab mir den Halt, den ich brauchte, um nach vorne zu blicken. Der Arzt war sprachlos. In diesem Urlaub haben wir ein Liebesschloss im Hafen von List aufgehangen. Unsere Liebe sollte weiterwachsen und für immer halten. Gestärkt nach diesem Urlaub konnte die letzte Chemo stattfinden sowie auch die OP und Bestrahlungen. Seitdem sind nun 6 Jahre vergangen und ich bin weiterhin krebsfrei.
Gemeinsame Hobbies entwickelten sich: Hausbau, Radfahren und –reisen (auch wenn es dann mal nicht so gut ausging – schwerer Radunfall mit einem dreifachen Bruch des Ellbogens und Bänderrissen bei mir – 1 Jahr später saß ich aber wieder auf dem Rad), Geocaching, Reisen, etc. Eigenständige Interessen fördert der andere mit Wertschätzung.
All diese Erfahrungen haben uns zusammengeschweißt. Ich hatte das Bedürfnis, dies auch mit einer Heirat zu besiegeln und spürte, dass Markus es auch wollte. Dann kam Corona und die Pläne rückten nach hinten, aber im September 2021 plante ich den Antrag auf Sylt, am Strand von Wenningstedt, wo unser Spaziergang nach meinem heftigen Infekt stattfand. Das „Wie“ war eine große Frage. Tausend Ideen gingen durch meinen Kopf und dann die Entscheidung. Ich ließ eine Decke, die man ja gut für den Strandkorb nutzen kann, mit der Frage „Markus, willst du mich heiraten?“ besticken. Also ging es am 23. September 2021 mit dem Karton zum Strand, Getränke mit dabei und dann durfte Markus den Karton öffnen. Er sah mich an, schaute wieder auf die Decke und sagte „Ja, natürlich. Ich wollte dich auch fragen, wusste aber nicht wie“. Da war es wieder: gleichzeitig denselben Gedanken haben, wie so oft in unserer Beziehung. Bis auf zwei Personen (meine Arbeitskollegin und unsere gute Seele der Vermietungsagentur) wusste niemand, dass es einen 5
Heiratsantrag auf Sylt geben wird. Wir haben den Status auf WhatsApp gestellt und bekamen Glückwünsche von den überraschten Familien und Freunden. Die Söhne von Markus haben sich ebenfalls sehr gefreut.
Die Syltringe vom Sylter Ring-Atelier hatten wir uns schon so oft angeschaut und darin verliebt. Also lag es nahe, dass wir bereits einen Tag nach dem Heiratsantrag dort hinfuhren und Simone Knitter uns sehr gut beraten hat. Wir konnten die Ringe probieren und fanden bald unsere Favoriten.
Zu Hause begann die Planung unserer standesamtlichen Hochzeit. Diese sollte zu Hause stattfinden, weil uns klar war, dass nicht alle nach Sylt kommen würden. Mein Wunsch war es, noch einmal in Weiß zu heiraten, da sich alles so richtig anfühlte. Einen Menschen, wie Markus, der bedingungslos zu mir hält, alle Situationen mit mir durchlebt und mich stärkt. Besonders auch das gegenseitige Vertrauen, dass ich in meiner ersten Ehe nicht erlebt habe, tut so gut. Markus beschreibt es genauso. Zwei Menschen, die füreinander geschaffen sind. So war auch schon unser Trauspruch für die Hochzeit gefunden:
Wir müssen nicht, wir brauchen nicht – wir wollen ganz einfach.
Unser JA ist ein JA, kein jaja, kein probehalber und kein naja.
Ende 2021 nahmen die Planungen weiter Fahrt auf. An einem sonnigen Tag, 06.05.2022, gaben wir uns das „Ja-Wort“. Es gab eine kleine Feier, wo die Familien und Freunde eingeladen waren.
Dennoch gab es tief in uns drin den Wunsch, unsere Liebe mit einer freien Trauung auf Sylt zu besiegeln. Nach der Trauung ist vor der Trauung und die Planung für unsere Traumhochzeit auf Sylt begann. Genau ein Jahr später, zu unserem 1. Hochzeitstag, sollte die Freie Trauung stattfinden.
Sylt hat uns bei unseren Erkrankungen immer wieder Kraft gegeben. Gerade auch die Geschichte von Carsten und Miri Köthe, die wir verfolgt haben, hat Markus und mir Mut gegeben, unseren Weg zu gehen, unseren Traum zu leben. Der Blick auf das Leben hat sich verändert. Wir genießen die gemeinsame Zeit. Markus weiß, wenn es mir schlecht geht, bin ich schweigsam und er kann es ertragen. Genauso merke ich, wenn es Markus nicht so gut geht. Wir reden offen über die Dinge des Lebens und stoßen mit dem jüdischen Spruch „Auf das Leben“ an. Wir unternehmen 6
viele Dinge gemeinsam, lachen gerne und genießen unsere gemeinsame Zeit, egal wo wir sind. Da ist beim Partner immer eine Schulter, die Halt gibt und wo wir gegenseitig uns fallen lassen können mit einer tiefen Geborgenheit (auch wenn die Tränen mal rollen).
12 Monate haben wir unsere Strandtrauung geplant. Wo wollen wir auf Sylt heiraten, wie soll die Trauung aussehen? Simone Knitter, unsere Traurednerin, hat uns jederzeit zur Seite gestanden, da wir ja nicht vor Ort waren. Uns war es wichtig, selbst die Dinge zu planen und zu organisieren, weil es unser großer Tag werden sollte.
Am 06.05.2023 fand unsere Strandhochzeit statt, unser Traum ging in Erfüllung. Unsere Kraftinsel wurde der Ort, wo wir uns noch einmal das „Ja-Wort“ und gegenseitig Traugelübde gaben. Bei gefühlten 2 Grad und Wind waren wir mit unseren Gästen am Ellenbogen. Ein großartiges Erlebnis, genauso wie wir es uns vorgestellt haben. Mit den Elementen Wasser, Wind und Erde vereint, untermalt mit unseren ausgewählten Liedern (Raise me up, From this Moment und besonders „Ein Teil von meinem Herzen: Du bist der Mensch der mich zum Lachen bring, und der, der mit mir weint….“), der Sandzeromonie (das Glas steht in unserer Hochzeitsecke) und einem Sektempfang konnten wir mit wichtigen Menschen unseres Lebens diesen Schritt gehen. Ebenso hatten wir bei der Auswahl des Fotografen genau ins Schwarze getroffen, die Bilder sind wunderschön geworden. Das Essen in unserem Lieblingslokal Strandoase bleibt unvergesslich. Es war die vorläufige Krönung unserer Beziehung.
Bei all dem, was wir erlebt haben und noch erleben, sind wir jederzeit offen für Neues und Blicken voller Zuversicht in das, was noch kommen mag: „Rüm hart, klaar Kiming“ wie die Friesen sagen.
M&M – eine etwas andere Liebesgeschichte mit süßen/schönen und traurigen Momenten gespickt, was wir LEBEN nennen.
Danke, dass wir beide zusammenfinden durften und uns auf das Abenteuer „Liebe“ eingelassen haben. 7
Danke, an unseren Ankerpunkt, der uns jederzeit viel Kraft gibt und wo wir die Natur mit allen Facetten (Sonne, Wind, Regen, Wellen und Meer) genießen dürfen:
SYLT – unsere Traum-/Kraftinsel, wir lieben dich und kommen gerne wieder!